Die Burg Winnenberg
Aus: ALZEYER GESCHICHTSBLÄTTER 37 (2008), S. 25-32
Die Lage der Burg Winnenberg
in Weinheim bei Alzey
von KARL MÜLLER
Unter
den
im
Mittelalter
im
Gebiet
des
heutigen
Rheinhessen
zahlreich
vor
handenen
Adelsgeschlechtern
des
niederen
Adels
trifft
der
Forscher
immer
wie
der
auf
die
Familie
der
Ritter
von
Winnenberg
(auch
Wonnenberg,
Wunnenberg
u.
ä.
genannt).
Als
ältestes
Mitglied
dieser
Sippe
begegnet
1209
Embricho
de
Wunnenberg.
Die
einzelnen
Zweige
dieser
Familie
erloschen
bereits
1405
und
1415.
Sie
darf
nicht
verwechselt
werden
mit
den
Herren
von
Winnenberg
und
Beilstein,
die
nach
der
Winnenburg
bei
Cochem
an
der
Mosel
benannt
sind.
Die
bedeutenden
Vertreter
des
niederen
Adels,
die
Ritter
von
Winnenberg,
besaßen
in
Weinheim
bei
Alzey
eine
Burg,
die
in
den
verschiedenen
Urkunden
und
Akten
des
Mittelalters
unter
unterschiedlichen
Bezeichnungen
genannt
wird:
arx
(=
Burg),
castrum
(=
Burg),
munitio
(=
Befestigung),
vestene
(=
Feste),
schlos
(=
Schloss)
und
hauß
(=
Burg).
Mit
all
diesen
Ausdrücken
ist
stets
die
Burg
der
Herren
von Winnenberg gemeint. Der Sitz dieser Ritter kommt auch
unter dem Namen „Burg Weinheim“ vor.
Es
ist
nicht
ganz
ausgeschlossen,
dass
hie
und
da
ein
Winnenberger
(Wunnen
berger,
Wonnenberger)
unter
dem
Namen
„de
Winheim“
oder
„de
Alzeia“
ver
borgen
ist.
Es
darf
auch
angenommen
werden,
dass
die
Herren
von
Albig
ein
jüngerer
Zweig
der
Herren
von
Winnenberg
waren,
denn
Werner
von
Albig
hatte
(mit
kleinen
Abweichungen)
dasselbe
Wappenbild
wie
die
Herren
von
Winnen
berg
und
war 1284–1302 ebenso Schultheiß von Oppenheim wie schon 1232–
1265 Marquard von Winnenberg. Werner von Albig war mit Elisabeth,
der
Tochter
des
Truchsessen
Philipp
von
Alzey,
verheiratet.
Die
Familienbande
reichten
auch
bis
Nieder-Saulheim
und
Gabsheim
(= Geispitzheim).
1. Die Tatsache der Burg Winnenberg
Über
die
Existenz
der
Burg
Winnenberg
(auch:
Wonnenberg,
Wunnenberg
u.
ä.)
in
Weinheim
bei
Alzey
kann
es
keinen
Zweifel
geben.
Die
Ritter,
die
die
Burg
bewohnten,
werden
bereits
1209
(„Embricho
de
Wunnenberg“)
und
1218
(„Marquard
von
Winnenberg“)
genannt
1
,
und
die
erste
Erwähnung
der
Burg
selbst
findet
sich
schon
um
die
Mitte
des
13.
Jahrhunderts:
„die
halbe
Burg
der
Burg
in
Wunenberc“
(„dimidiam
arcem
castri
in
Wunenberc“)
2
.
Am
13.5.1292
wird
die
Burg
abermals
erwähnt:
Pfalzgraf
Ludwig
verzichtet
zugunsten
des
Deutschordenshauses
Sachenhausen
auf
die
„Befestigung
in
Weinheim“(„muni-
cionem
suam
in
Weyenheim“)
3
.
Am
21.12.1331
bestätigen
die
Pfalzgrafen
Rud
olf
II.
und
Ruprecht
I.
dem
Deutschordenshaus
zu
Sachsenhausen
das
Gericht
und
die
„Feste
zu
Weinheim“
(„die
vestene
oder
den
hailp
zu
Weyenheim“)
4
.
Im
Jahre
1373
überlässt
Gräfin
Kunigunde
von
Sponheim
„ihre
Burg
Weinheim“
(„arcem
suam
Weinheim“)
dem
Pfalzgrafen
Ruprecht
I.
5
.
Aus
dem
Jahre
1511
erfahren
wir
folgendes:
„Item
ist
ein
schlos
bi
altzen
gelegen
genant
Wynheim
verfalen“
6
,
was
also
bereits
die
Zerstörung
der
Burg
bezeugt.
Schließlich
berich
tet
um
1600
der
Mainzer
Domvikar
Georg
Helwich:
„Zwischen
Weinheim
und
Altzen
ligt
ein
alt
Zerfallen
hauß,
so
Winnenberg
genannt
wird“
7
;
auch
wenn
Helwich
die
Burg
fälschlich
zwischen
Weinheim
und
Alzey
lokalisiert,
so
haben
wir
doch
hiermit
den
sechsten
Hinweis
auf
die
Existenz der Burg Winnenberg in Weinheim.
2. Die Existenz des Turmes
Aber
nicht
nur
die
Burg
ist
früh
und
eindeutig
bezeugt.
Es
ist
in
mittelalter
lichen
Urkunden
auch
von
einem
Turm
in
Weinheim
die
Rede.
Vor
dem
7.12.
1282
bittet
der
Ritter
Werner
von
Weinheim
den
Pfalzgrafen
Heinrich
bei
Rhein,
zu
der
Schenkung
eines
von
dem
Pfalzgrafen
bisher
lehnrührigen
Turmes
in
Weinheim
bei
Alzey
an
das
Deutschordenshaus
zu
Sachsenhausen
seine
Zustimmung
zu
geben:
der
Turm
war
schon
längst
in
Weinheim
gelegen
(„iam
dudum
turrim
in
Weienheim
sitam“)
8
.
Vor
dem
12.5.1292
bittet
Ritter
Werner
von
Wein
heim
den
Pfalzgrafen
nach
Schlichtung
des
Streits
mit
dem
Erzbischof
von
Mainz,
seine
Beamten
zur
Herausgabe
des
Turmes
in
Weinheim,
den
er
dem
Deutschordenshaus
in
Frankfurt/Main
geschenkt
hat,
anzuweisen
9
.
Allein
schon
die
Schenkung
sowohl
der
Burg
als
auch
des
Turmes
an
das
Deutschordenshaus
Frankfurt/Main-Sachsenhausen
weist
auf
einen
möglichen
Zusammenhang
zwischen der Burg und dem Turm hin. Dies wird an anderer Stelle noch deutlicher werden
10
.
1
S. dazu MÜLLER, Karl „Geschichte und Kirchengeschichte von Weinheim bei Alzey.
Erd- und Frühgeschichte, mittelalterliche Geschichte und evangelische Kirchengeschichte eines rheinhessischen Dorfes. Festschrift
zur Wiederindienststellung der evangelischen Kirche Weinheim“, Offenheim 1975 S. 23+25.
2 SAUER, Wilhelm „Die ältesten Lehnsbücher der Herrschaft Bolanden“, Wiesbaden 1882 S. 38 (er bezieht --die Nachricht jedoch
fälschlich auf die Burg Winneburg bei Cochem an der Mosel).
3
BOEHNER, Johann Friedrich [Hrsg.] „Codex diplomaticus Moenofrancofurtanus. Ur-kundenbuch der Reichsstadt Frankfurt“, Bd. 1,
Frankfurt/Main 1901 S. 296, Nr. 607; H
H
S
t
A
W
,
Abt. 82, Nr. 44, Findbuch S. 28, Nr. 94; den Hinweis auf BOEHNER ver- dankt Verf. Herrn
Prof. Dr. Jörg Seiler, Koblenz.
4
Ebd., Bd 2, Frankfurt/Main 1905 S. 312, Nr. 420.
5
CHLINGENSPERG, Christophorus „Processus historico-juridicus in causa succes- sionis Palatinae ....“, Ingolstadt 1711 S. 124.
6
H
H
S
t
A
W
,
Abt. 121, Rübsamen von Merenberg, 1, Lehensregister 1511; diesen Fund verdankt Verf. Herrn Rolf Konrad Becker, Gau-
Heppenheim.
7
MÖLLER, Walther „Stamm-Tafeln westdeutscher Adels-Geschlechter im Mittelalter“, Bd. 2, Darmstadt 1933; unveränderter Nachdruck
Neustadt an der Aisch 1996 S. 199.
8
S. Anm. 3 S. 225 f, Nr. 468; H
H
S
t
A
W
,
Abt. 82, Nr. 44, Findbuch S. 23, Nr. 75.
9
KOCH, Adolf-Wille, Jakob [Bearb.] „Regesten der Pfalzgrafen am Rhein 1214–1400“ („Regesten der Pfalzgrafen am Rhein“, Bd. 1),
Innsbruck 1894 S. 75, Nr. 1267; VOGT, Ernst [Bearb.] „Regesten der Erzbischöfe von Mainz von 1289–1396“, Bd. 1 („Regesten der
Erzbischöfe von Mainz von 1289–1396“), Leipzig 1913 S. 44 f,
Nr. 262.
1
0
S. u. Abschnitt 7.
3. Weitere Bezeugungen der Burg Winnenberg
Im
Jahre
1449
gibt
es
im
Weinheim
nordwestlich
benachbarten
Erbes-Büdes
heim
einen
„woinnenberger
pfade“,
der
in
südöstlicher
Richtung
auf
die
Burg
Winnenberg
zuführt
11
.
Nicht
unmittelbar
durch
Nennung
der
Burg,
aber
durch
die
Erwähnung
der
dieselbe
bewohnenden
Adligen
haben
wir
weitere
Hinweise
auf
das
im
Westteil
der
Weinheimer
Gemarkung
liegende
historische
Burggebäu
de
vor
uns,
wenn
wir
am
24.8.1439
folgendes
erfahren:
„soliche
guter
vnd
gulte
zu
wynheym
by
altzey
gelegen,
die
vor
zijden
die
von
wunnenberg
von
uns’
Herschafft
uff
dem
gauwe
gehabt
hant“
12
.
Dasselbe
gilt
für
die
Nachricht
aus
dem
gleichen
Jahr
1439,
wenn
es
heißt:
„soliche
gulte
vnd
guter
zu
wynheym
by
altzey
gelegen,
die
vor
ziden
die
von
wunnenbg
von
uns‘
Herschafft
uff
dem
gauwe
gehabt
hant“
13
,
und
auch
für
die
Urkunde
vom
24.8.1439,
die
spricht
von
„soli
che
gülte,
vnd
gutter
zu
Weÿmheÿm
beÿ
Altzeÿ
gelegen,
die
vor
Zeÿden,
die
von
Wonnenberg
von
vnß’
Herschafft
vff
dem
gaw
gehapt
hant“
14
.
Um
das
Jahr
1680
gibt
es
in
einer
Akte
über
Weinheim
bei
Alzey sogar noch einen „Winnenburger
Zehenden“
15
.
4. Annäherung an die Lage der Burg Winnenberg
Auch
wenn
wir
über
die
Bewohner
der
Burg,
die
Adligen
und
Ritter
von
Winnenberg,
eine
relativ
große
Zahl
von
Nachrichten
besitzen
16
und
sogar
noch
einen
ganzen
Stammbaum
dieser
Adligen
kennen
17
,
so
geben
doch
manche
Forscher
über
die
genaue
geographische
Lage
der
Burg
nur
eine
sehr
vage
Aus
kunft:
„Am
Ausgang
der
Gemarkung
nach
Offenheim
zu“
18
,
„zwischen
Weinheim
und
Offenheim“
19
,
„gegen
Offenheim“
20
oder
„bei
dem
Dorfe
Weinheim“
21
.
Die
erste
nähere
Angabe
über
die
Lage
der
Burg
Winnenberg,
die
den
Windberg
als
Ort
der
Burg
bezeichnet,
stammt
aus
der
Baudenkmälerliste
von
1772,
die
auf
Anordnung
der
kurpfälzischen
Regierung
erstellt
wurde
und
folgende
Auskunft
erteilt:
„Befinden
sich
dahier
oben
dem
ort
gegen
Offenheim
auf
dem
Windberg
Rudera
[=
Ruinen]
von
einem
ehedessen
alda
gestandenen
Schloss,
so
heut
zu
tag
annoch
dass
Windberger
schloss
genennet
wird;
an
übrigen
merkwürdigen
gebäuen
nichts“
22
.
Auch
Walther
Möller
stellt
1933
fest,
dass
auf
dem
Windberg
„noch
Trümmer
des
einstigen
Rittersitzes
zu
sehen
sind“
23
,
und
Ludwig
Hahn
schreibt
1948,
dass
auf
der
Gewann
Windberg
„früher
die
kleine
Burg
Winnenberg
gestanden,
von
der
heute
[1948!]
außer
einem
ausgedehnten
Steinhaufen
und
einigen
Mauerresten
nichts
mehr
zu
sehen
ist“,
während
noch
1931
„bei
Rodungsarbeiten Lanzenspitzen, Schnallen u. a. gefunden worden“ sind
24
.
5. Eine frühere Annahme
Nun
umfasst
der
Windberg
jedoch
das
Gebiet
von
nördlich
des
Kirschhecker
Weges
nach
Süden
zu
über
den
(heute
zementierten)
„Windbergerweg“
25
,
der
direkt
hinter
dem
Anwesen
von
Karl
Knell
(Am
Sybillenstein/Ecke
Offenheimer
Straße)
beginnt,
und
die
Landstraße
von
Weinheim
nach
Offenheim
und
noch
weiter
nach
Süden
zu
bis
südlich
des
Steinbachs
26
.
In
diesem
ganzen
Terrain
fin
det
sich
nach
der
Parzellenkarte
von
1834
zwischen
dem
Kirschhecker
Weg
und
der
Landstraße
Weinheim-Offenheim
dreimal
27
und
südlich
dieser
Landstraße
ebenso
dreimal
der
Gewannname
„Zu
Windberg“
28
,
während
nördlich
des
Kirschhecker
Weges
einmal
der
Gewannname „Der Windberg“
29
auftritt.
Das
könnte
den
Gedanken
entstehen
lassen,
dass
die
Burg
Winnenberg
etwa
südlich
der
Straße
Weinheim-Offenheim
zu
suchen
wäre,
wie
es
auch
heute
noch
vereinzelt
in
der
Bevölkerung
als
Meinung
vertreten
wird.
Tatsächlich
gab
es
südlich
dieser
Straße
eine
Ruine,
die
dort
lag,
wo
sich
heute
am
Westende
des
Wäldchens
der
Grillplatz
befindet,
dicht
in
der
Nähe
des
Steinbachs.
Diese
Rui
ne
ist
wohl
in
den
1960er
Jahren
beseitigt
und
die
Stelle
zum
Grillplatz
eingerichtet
worden.
Ein
besonders
auffallender
Stein
dieser
Ruine
ist
jedoch
aufbe
wahrt
und
im
Hof
des
Deutschen
Hauses
in
Weinheim
(Hauptstraße/Ecke
Offen
heimer
Straße)
eingemauert
worden
30
.
Der
Stein
ist
ein
stark
verwitterter
Quader
aus
Sandstein
und
trägt
als
Inschrift
die
Jahreszahl
1754,
die
von
zwei
Sternchen
flankiert
ist.
In
der
Mitte,
zwischen
17
und
54,
befindet
sich
eine
von
einem
ovalen
Kranz
umgebene
Hausmarke,
nämlich
ein
„Vierkopfsparrenschaft
mit
Mittelkreuzsprosse“,
die
wohl
das
Wappen
des
Erbauers
oder
Besitzers
des
Hauses
war.
Unterhalb
der
Hausmarke
sind
noch
Reste
von
zwei
Buchstaben
zu
erkennen,
wahrscheinlich
von
einem
B
oder
einem
P,
bei
denen
es
sich
um
die
Initialen
des
Erbauer-
oder
Besitzernamens
handeln
wird.
Bei
dem
Stein
dürften
wir
es
mit
einem
Türsturz
zu
tun
haben
31
.
Da
er
aus
dem
Jahr
1754
stammt,
kann
er
natürlich
mit
der
Burg
Winnenberg,
die
nach
1440
zerstört
wurde,
nichts
zu
tun
haben
32
.
Das
zur
Ruine
gewordene
Gebäude
gehörte
wohl
privaten
Besitzern; Hinweise auf adelige oder religiöse Herkunft fehlen.
1
1
MÜLLER, Karl „Flurnamen und historische Namen von Erbes-Büdesheim“ („Alzeyer Geschichtsblätter“, Sonderheft 18), Alzey 2004 S.
126.
1
2
H
H
S
t
A
W
,
Abt. 121, von Rittenhofen, 1 S. 2.
1
3
Ebd.
1
4
H
H
S
t
A
W
,
Abt. 121, Rübsamen von Merenberg, 3.
1
5
StAD, C2, Salbuch Rhh, R 5 n S. 163 r (alt S. 320), Fiche 86.
1
6
S. Anm. 1 S. 23–29.
1
7
S. Anm. 7 S. 201; Anm. 1 S. 24.
1
8
HAHN, Ludwig „Die Flurnamen der Gemarkung Weinheim bei Alzey“ („Hessisches Flurnamenbuch“, H. 25), Diss., Gießen 1942 S. 18
1
9
KNOBLOCH, Ludwig „Agrar- und Verfassungsgeschichte des Wormsgaues im Mittel-alter” („Der Wormsgau“, Beiheft 10), Worms 1951
S. 25.
2
0
SCHAAB, K[arl] A[nton] „Geschichte der Stadt Mainz“, Bd. 4, Mainz 1851 S. 128.
2
1
ZIMMERMANN, Johannes Friedrich Stephan „Ritterschaftliche Ganerbschaften in Rheinhessen“, Diss., Oppenheim 1957 S. 80.
2
2
MÜLLER, Wilhelm „Eine Baudenkmälerliste aus dem Jahre 1772“ („Vom Rhein. Monatsschrift des Altertums-Vereins für die
Stadt Worms“, Jg. 9, Worms 1910 S. 35–36) S. 36.
2
3
S. Anm. 7 S. 199.
2
4
Hahn, [Ludwig] „Der Windberg bei Weinheim“ („Allgemeine Zeitung“, Alzey, 2.12. 1948).
2
5
S. Archiv Museum Alzey, Gemeindearchiv Weinheim, XXI, 6.
2
6
S. TopK 6214 Alzey, 1966, Ausgabe 1976.
2
7
L
A
S
P
,
W 42, Nr. 187. Flur II, A (2x)+E.
2
8
Ebd., Flur II, B+C+D.
2
9
Ebd., Flur II, A
3
0
Den Hinweis auf den Stein, das Foto davon wie auch sonstige eifrige Mithilfe bei der historischen Forschung verdankt Verf. Herrn
Dieter Bloß, Alzey-Weinheim.
3
1
Brief von Dr. Eberhard J. Nikitsch von der Inschriften-Kommission der Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz vom
22.1.2007 an Verf., dem Verf. herzlich dankt! Hinweis von Dr. Rainer Karneth, Alzey.
6. Erste deutlichere Hinweise auf die Lage der Burg Winnenberg
Die erste, genauere Auskunft über die geographische Lage der Burg Winnen
berg gab bereits 1865
Wagner,
der
in
die
richtige
Richtung
weist,
wenn
er
sagt,
dass
„rechts
[=
nördlich]
des
Wegs“,
der
von
Weinheim
nach
Offenheim
führt,
der
Windberg
liegt,
„auf
welchen
[!]
man
noch
die
Reste
der
Stammburg
des
längst
erloschenen
Geschlechts
der
von
Wunnenberg
oder
Wonnenberg
er
blickt“
33
,
und
er
schreibt
von
der
„Anhöhe,
auf
welcher
die
Burg
Wunnenberg
stand“
34
.
Auch
Kaufmann
spricht
1976
von
der
„Anhöhe“,
auf
der
„noch
die
Trümmer
der
Burg
Winnenberg
oder
Wunnenberg“
zu
finden
sind
35
.
So
ist
also
festzuhalten,
dass
die
Burg auf alle Fälle nördlich der Landstraße von Weinheim
nach Offenheim auf der Höhe des Windbergs lag.
Es
existiert
in
Alzey-Weinheim
im
Privatbesitz
ein
Phantasie-Gemälde
der
Burg
Winnenberg,
das
im
Jahre
1841
von
einem
Philipp
Rupp,
der
wohl
Alzeyer
Bürger
war
und
dort
in
der
Löwengasse
10
wohnte,
wo
seine
Witwe
1875
genannt
wird
36
,
entworfen
worden
ist.
Das
Bild
stammt
aus
dem
Nachlass
von
Herrn
Kurt
Marx
sen.,
Alzey-Weinheim,
und
befindet
sich
heute
im
Besitz
von
Frau
Kathrin
Marx,
Alzey-
Weinheim
37
.
Das
Gemälde
zeigt
die
romantische
Weise,
wie
man
sich
im
19.
Jahrhundert
die
Burg
Winnenberg
phantasievoll
vorgestellt
hat (s. Abb.1).
Um
die
genaue
Lage
zu
finden,
helfen
zunächst
einmal
die
Topographischen
Karten
(Maßstab
1:25000).
So
zeigen
alle
diese
Karten
seit
der
„Hessischen
Hö
henschichtenkarte“
von
1902/7,
der
TopK
des
„Bayerischen
Topographischen
Bureaus“
von
1913,
der
TopK
von
1950
und
der
TopK
von
1961
um
den
Gipfel
des
Windbergs
herum
Hinweise
auf
Steinbruch
und
Mauerreste,
während
in
der
TopK
von
2004
diese
Informationen
alle
fehlen
38
.
Auffallend
ist
dabei,
dass
auf
den
verschiedenen
TopK
ab
1902/7
bis
1961
als
Berghöhe
immer
271,0
m
zu
lesen
ist,
während
es
1966
auf
einmal
272,3
m
heißt
39
.
Vermutlich
ist
dies
auf
Schuttanhäufung
an
dieser
Stelle
bei
der
Einebnung
in
den 1960er Jahren zu- rückzuführen.
7. Die Warte bei der Burg
Auf
den
bereits
erwähnten
Turm
aus
dem
Jahre
1282
weist
auch
noch
ein
an-
derer
Sachverhalt
hin.
Es
gibt
nämlich
drei
Gewannnamen
„Hinter
der
Waide“,
die
den
Gewannnamen
„Der
Windberg“
westlich,
nordwestlich
und
nördlich
um
geben
40
.
Dabei
dürfte
das
Wort
„Waide“
infolge
eines
Missverständnis
des
Wor
tes
„Warte“
durch
den
Zeichner
der
Parzellenkarte
1834
entstanden
sein,
da
im
Dialekt
der
Gegend
das
Wort
„Warte“
als
„wå’d“
41
ausgesprochen
wird,
so
dass
dies
als
Dialektausdruck
für
„Waide“
fehlinterpretiert
wurde.
„Hinter
der
Waide“
muss
also
höchstwahrscheinlich
„Hinter
der
Warte“
heißen,
was
durch
mehrere
Belege
ziemlich
eindeutig
bezeugt
wird
42
.
Hier
stand
also
wohl
einmal
eine
War
te,
d.
h.
ein
Aussichtsturm,
der
für
die
Burg
Winnenberg
Bedeutung
hatte,
d.
h.
der
die
Funktion
eines
Wachtpostens besaß
43
. Dieser Turm, die Warte, ist, wie
gesagt, schon vor dem 7.10.1282 erbaut worden.
Es
gibt
mehrere
Anzeichen,
die
auf
seine
örtliche
Nähe
zur
Burg
Winnenberg
hinweisen.
So
heißt
es
in
einer
Akte
von
1577
aus
dem
Deutschordensbesitz
im
Stadtarchiv
Frankfurt/Main:
„under
der
Warthenn
...
haben
etwan
under
dem
Hofbaw
[=
Hofbau]
gestanden
unnd
ist
vff
Daubners
Brunnen
gemelt
gewe-
sen“
44
.
Dass
„Daubners
Brunnen“
auf
dem
Windberg
lag,
wird
durch
einen
wei
teren
Beleg
von
1577
(aus
derselben
Herkunft)
bezeugt:
„zu
Winnberg
vff
daub
ners
Brunnen“
45
.
Daubner
besaß
auch
Bäume
auf
dem
Windberg:
„zu
Wunen
berg
uf
Dubeners
Baumen“
46
.
Auch
der
Gewannname
„by
der
warten“
von
1444
in
der
Gemarkung
des
nordwestlich
Weinheim
gelegenen Ortes Erbes-Büdesheim
47
dürfte ein weiterer Hinweis auf den Turm bzw. die Burg Winnenberg
sein.
Im
Jahre
1686
wird
auch
eine
„Höhle“
auf
oder
am
Windberg
genannt:
„zu
Winburg
uff
der
Höhle
unten
der
berg“
48
,
ebenso
ist
1727
von
Kirschäckern
die
Rede:
„zu
Winnenberg
uff
den
Kirschäckern“
49
,
was
gut
zu
dem
Namen
„Kirsch
hecker
Weg“
passt.
Vom
Hofbau
(„Hofbaw“) war schon die Rede
50
, womit wohl
der Hauptbau der Burg Winnenberg gemeint sein wird.
Die
Tatsache,
dass
vor
dem
7.10.1282
der
Turm
51
und
am
13.5.1292
auch
die
Burg
Winnenberg
52
durch
Werner
von
Weinheim
an
das
Deutschordenshaus
zu
Sachsenhausen
übertragen
wird
und
dass
die
Pfalzgrafen
am
21.12.1331
die
Schenkung
der
Burg
dem
Deutschordenshaus
bestätigen
53
,
zeigt
ebenfalls
auf
die
Zusammengehörigkeit
von
Burg
und
Turm
hin
und
dies
im
Zusammenhang
mit
dem
Deutschordenshaus
Frankfurt/Main-Sachsenhausen.
Dieses
Ordenshaus,
für
das
manchmal
Frankfurt/Main,
manchmal
Sachsenhausen als Ort angegeben wird, besaß außerdem noch weitere Güter
54
sowie das Gericht
55
zu Weinheim.
3
2
Ebd.
3
3
M WAGNER, Georg Wilhelm Justin „Die Wüstungen im Großherzogthum Hessen“, Bd. 3, Darmstadt 1865 S. 43.
3
4
Ebd. S. 47.
3
5
KAUFMANN, Henning „Rheinhessische Ortsnamen ...“, München 1976 S. 219.
3
6
Telefonische Auskunft von Herrn Ludwig LESSEL, Alzey am 25.6.2007.
3
7
Für all die Mühen zur Auffindung des Gemäldes dankt Verf. Herrn Dieter Bloß, Alzey-Weinheim, sehr herzlich! Gleicher Dank gilt
auch Frau Kathrin Marx, Alzey- Weinheim, für die Genehmigung zur Veröffentlichung des Gemäldes!
3
8
Verf. dankt sehr herzlich Herrn Dr. Heinz Joachim Fromm vom Landesamt für Ver- messung und Geobasisinformation in Koblenz für
seine rasche, so hilfreiche Antwort im Schreiben vom 11.10.2006 und für die Zusendung der 6 Kartenausschnitte!
3
9
S. Anm. 36.
4
0
L
A
S
P
,
W 42, Nr. 187, Flur II, A; Flur XIV, C+D.
4
1
S. Anm. 18 S. 46.
4
2
Ebd. S. 46 f.
4
3
S. BUCK, M[ichael] R[ichard] „Oberdeutsches Flurnamenbuch“, Bayreuth 1931 S. 294.
4
4
S. Anm. 18 S. 46 f.
4
5
S. Anm. 18 S. 23.
4
6
Ebd.
4
7
S. Anm. 11 S. 116.
4
8
S. Anm. 18 S. 47.
4
9
Ebd.
5
0
Ebd. S. 46.
5
1
S. Anm. 3 S. 225 f, Nr. 468.
5
2
S. Anm. 3 S. 296, Nr. 607.
5
3
S. Anm. 4 S. 312, Nr. 420.
5
4
S. Anm. 3 S. 157, Nr. 316 (Besitzungen); S. 222, Nr. 460 (Güter); S. 453, Nr. 878 (Besitzungen).
5
5
S. Anm. 3 S. 229, Nr. 475; S. 254, Nr. 527; S. 376, Nr. 752; S. 440, Nr. 860.
8. Die genaue Lage der Burg Winnenberg
Im
Landesarchiv
Speyer
wurde
nun
vom
Verf.
ein
„Wege
u.
Gewässerplan
Weinheim“
entdeckt,
der
1960
anlässlich
der
Flurbereinigung
entworfen wurde
und der mit ziemlicher Deutlichkeit die Lage der Burg Winnenberg auf dem Gip-fel des Windbergs anzeigt
56
(s. Abb. 2).
Er
zeigt
eindeutig
Schuttablagerungen
bzw.
Steinbrüche
direkt
um
den
Gipfel
des
Windbergs
herum.
Unmittelbar
hin
ter,
d.
h.
nördlich
des
Anwesens
von
Karl
Knell
(Am
Sybillenstein/Ecke
Offen-
heimer
Straße)
zieht
der
„Windbergerweg“
in
südwestlicher
Richtung,
etwa
par
allel
zur
Landstraße
Weinheim-Offenheim,
auf
den
Windberg
zu.
Nördlich
vom
Windbergerweg,
in
der
Entfernung
von
etwa
60
m,
zweigt
der
Kirschhecker
Weg
von
der
Straße
„Am
Sybillenstein“
ab
und
zieht
in
west-südwestlicher
Richtung
ebenfalls
auf
den
Windberg
zu.
Würde
er
kerzengerade
weiterziehen,
träfe
er
genau
auf
den
Gipfel
(273,3
m).
So
aber
biegt
er
etwa
200
m
vor
dem
Gipfel
ganz
leicht
in
südwestlicher
Richtung
ab
und
stößt
nach
dieser
Entfernung
auf
das
Südende
einer
Schuttablagerung
bzw.
eines
Steinbruchs.
Und
an
dieser
Stelle
kann
man
noch
recht
gut
in
der
Karte
(von
1960!)
zwei
gerade
Linien
er
kennen,
westlich
und
nördlich
von
Schutt
bzw.
Steinbruch
umgeben,
die
einen
rechten
Winkel
bilden
und
auf
vorhandene
Mauern
bzw.
Mauerreste
hinweisen.
Hier
stand
einst
die
Burg
Winnenberg!
In
leicht
nordöstlicher
Richtung
von
diesen
geraden
Linien
erblickt
man
deutlich
eine
Rundung,
ebenfalls
östlich-nord-
östlich
von
Schutt
bzw.
Steinbruch
umgeben,
die
auf
die
Mauern
des
wohl
run
den
–Turmes
hinzeigt!
So
lagen
also
die
Burg
Winnenberg
und
der
Turm,
der
wohl
Bestandteil
der
Burg
war,
dicht
beieinander,
direkt
auf
dem
Gipfel
des
Windbergs
im
Westteil
der
Gemarkung
Weinheim
57
!
Das
ist
der
Platz,
der
zu
den
wichtigsten
historischen
Stätten
Weinheims
ge-
hört,
jahrhundertelang
als
Ruine
stets
dem
Verfall
preisgegeben,
bis
nur
noch
wenige
Mauerreste
übrigblieben,
und
dann
um
1960
ganz
eingeebnet.
Ein
Ort,
der
nun
wieder
entdeckt
ist
und
eine
entsprechende
würdevolle
Behandlung
verdient.
Einst
ein
großes
Kulturdenkmal
Weinheims,
bewohnt
von
dem
wohl
nicht
so
ganz
unbedeutenden
Adelsgeschlecht
der
Ritter
von
Winnenberg,
aus
dem
mehrere
Personen
in
Oppenheim
besondere
Ämter
besaßen:
Marquard
von
Winnenberg
war
1232–1265
(außer
1257/58)
Reichsschultheiß
von
Oppen
heim
58
,
Philipp
der
Alte
von
Winnenberg
war
1333
Ratsherr
in
der
Reichsstadt
59
,
Philipp
der
Junge
war
nach
einer
Urkunde
von
1375
Burgmann
daselbst
60
,
und
Gerhard
I.
von
Winnenberg
war
Ende
der
1330er
Jahre
ebenfalls
Schultheiß
in
Oppenheim
61
.
Von
Philipp
dem
Alten
ist
zudem
hervorzuheben,
dass
er
von
1334
bis
etwa
1341
Mainzer
Vicedom
im
Rheingau,
d.
h.
im
Dienst
des
Erzbischofs
von
Mainz
der
oberster
Beamte
für
die
erzstiftischen
Güter
und
erzbischöfliche
Territorialverwaltung
im
Rheingau
mit
Sitz
auf
der
Burg
Ehrenfels
bei
Rüdes
heim
am
Rhein
war
62
.
Die
Ritter
waren
mehrfach
in
die
rheinische
Politik
hinein-
verflochten,
und
Marquard
von
Winnenberg
hat
wesentlich
in
die
Reichspolitik
jener
Zeit
des
Mittelalters
eingegriffen
63
.
Wahrhaftig
bedeutende
Ritter
und
Adelige
mit
einer
bemerkenswerten
Burg
Winnenberg mit Turm in Weinheim,
die nicht der Vergessenheit anheim fallen sollte!
56
L
A
S
P
,
W 1, Nr. 14032, „Wege u. Gewässerplan Weinheim zur Flurbereinigung der Gemarkung Weinheim“, -W 1070, 1:2000, entworfen
1960.
57
S. auch den Artikel „Burg Winnenberg (Wonnenberg, Wunnenberg)“ des Verf., der demnächst im „Pfälzischen Burgenlexikon“, Bd. 4
erscheint.
5
8
MÜLLER, Karl „Die Ritter von Winnenberg bei Weinheim und ihr Verhältnis zu Op- penheim“ („700 Jahre Stadt Alzey. Festschrift“, Hrsg.
Friedrich Karl BECKER [„Alzeyer Geschichtsblätter“, Sonderheft 7], Alzey 1977 S. 343–351) S. 343.
5
9
Ebd. S. 345.
6
0
Ebd. S. 347.
6
1
Ebd. S. 347 f.
6
2
Ebd. S. 346 f.
6
3
Vgl. ebd. S. 348.
Design und Websitegestaltung by Gernot Loos © 2024